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Die Abenteuer von Gork & Morbus
Hoch hinaus

Es war einer dieser Momente, gegen die man unweigerlich nichts tun kann - wenn einem plötzlich hell vor Augen wird, der Unschärfefilter im Gehirn sich nach und nach abschwächt, langsam aber sicher seltsame Soundeffekte, auch Geräusche genannt, einem ins Ohr rieseln und die bis eben noch fantasievollsten unbewussten Gedankengänge allmählich verblassen lassen - kurz gesagt, Morbus merkte, wie er aufwachte. Im Nu sprang er aus dem Bett und schaltete das Radio ein, um fernzusehen. Als ihm auffiel, dass Gork bereits aufgestanden war, um vermutlich selbstständig Frühstück auf zu tafeln, rannte er sogleich wutentbrannt wie ein Salafist die Treppe hinunter und alarmierte Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz. Unten angekommen, fiel Morbus fast aus den Socken - aber eben nur fast, denn er hatte heute gar keine Socken angezogen, sondern waschechte Strümpfe aus Schlumpfhausen. Gork stand am Herd wie ein amateuerhafter Hobbykoch, obwohl klar war, dass man ihn allenfalls als stümperhaften Küchenrowdy bezeichnen konnte. Mit der Bratpfanne umher fuchtelnd versuchte Gork, die Toastbrote über dem ausgeschalteten Toaster knusprig goldgelbbraun zu toasten, was seltsamerweise nicht so gut gelang. Morbus stand lachend daneben und versuchte nach Luft zu schnappen, doch einen Moment später stockte ihm der Atem komplett, als er sah wie Gork mit naiver Freudigkeit die Toastpackung mit Spiritus übergoss und das Ganze dann in den bereits in Flammen stehenden Suppentopf voll mit heißem Öl werfen wollte. Glücklicherweise wurde in jenem Moment die südliche Hauswand in die Luft gesprengt und die bestellten ABC-Einheiten der Bundeswehr stürmten sofort mit einem Duden in der Hand zu Gork, um ihm das Alphabet beizubringen, denn wenn er die Gebrauchsanweisung zur Zubereitung von Toastbrot hätte lesen können, wäre ihm vielleicht sein Fehler früher aufgefallen.
Nach dem ganzen Spektakel fesselte Morbus Gork erstmal wieder am Stuhl, und begab sich höchstpersönlich daran, das Essen zuzubereiten.
Als nach 87 Minuten die frühe Stückzeremonie zu Ende war, verzichtete Gork dann auch noch auf seinen geliebten Vormittagsschlaf, denn Morbus hatte mit ihm eigentlich ein spaßiges Erlebnis vor, wenn auch die frühe Aufregung ihm fast die schlechte Laune vermiest hätte.
Aber es war September, der Herbst begann, und Morbus hatte Gork viele Jahre zuvor versprochen gehabt, einmal mit ihm einen Drachen zu bauen. Nun sollte es endlich soweit sein. Ja, viele von Ihnen werden so etwas vielleicht gar nicht mehr kennen, geschweige denn, jemals in echt einen Drachen gesehen haben! Ein Blick ins Tafelwerk könnte bei Erinnerungsschwächen aber sogar schon helfen.
Die beiden marschierten nun schnurstracks nach draußen. Ein schöner Herbstmorgen war es. Die ersten Blätter zeigten bereits leichte Verfärbungen, und das verstärkte Rauschen des weiten Waldes verkündete erste Anzeichen der nahenden Herbststürme. Morbus ging zum Schuppen, der eigentlich schon recht zerfallen aussah, und kam mit einer ebenfalls schon etwas von Holzwürmern zerbohrten Axt wieder heraus. Gork folgte ihm nun ein paar Meter in den Wald, auf dessen Boden sich ein spannendes Spiel zwischen den noch recht kräftigen und warmen Strahlen der Sonne, und den sich im Wind auf und abwiegenden Blättern der teilweise uralten Bäume, die sich hier empor hoben, zutrug. Eine kleinere, aber kaum noch Blätter tragende Esche war das Ziel, auf das Morbus zutrat. Ja, wenn schon einen Drachen bauen, dann einen richtigen, vor allem einen großen! Er warf ein paar prüfende Blicke, schaute, ob Gork auch keinen Unsinn baute, und dann holte er groß aus, um mit ganzer Kraft die Axt ihre Arbeit walten zu lassen. Ziisch!! Klong!! Krach!!, machte es. Gork konnte dem auf ihn zusausenden Keil noch gerade ausweichen. Leider ist es somit nun auch ihm zu verdanken, dass Morbus demnächst erstmal einen neuen Briefkasten bauen muss, und die morsche Schuppenwand ist nun auch ganz eingebrochen. Nun ja. Morbus tat so, als wäre nichts geschehen, nahm seine neue Turbodiesel-Axt aus dem Umhang und innerhalb weniger Sekunden war der Baum so gut wie gefällt. Das Unterholz krachte, als der Baum in den niederen Gewächsreihen niederschlug. Nun wollte Morbus gleich an Ort und Stelle die für den Drachen nötigen Teile sägen, doch auf Gorks Hilfe musste er dabei wieder mal verzichten. Dieser hatte sich an den überall auf dem Boden wuchernden Waldbeeren und Pilzen derart überfressen, dass ihm davon sogar der Mund schäumte. Nun ja, im Grunde war Morbus froh darüber, denn wenn Gork beginnt zu helfen, ist ein Retter in der Not wünschenswert. Während Gork sich mühsam in die Futterkrippe hangelte und dort seinen Rausch ausschlief, schlenderte Morbus fröhlich zum blau leuchtenden Flachsfeld, und erntete so viel Flachs wie für den Drachen nötig war. Daraus stellte er schnell etwas Stoff her, verband die Holzlatten mit langen Gräsern zu einem stabilen Gerüst, über das er dann den Stoff spannte. Fertig war der Drachen! Nun fehlte noch ein langes Seil. Morbus hatte noch eins übrig, das er viele Jahre zuvor mal aus einem Fahrstuhl eines Hochhauses ausgebaut hatte. Leider war es aus Stahl und wog insgesamt 5 Tonnen, weshalb er es für ein wenig untauglich hielt, da es auch nur 7 Meter lang war. Er ließ sich also etwas Neues einfallen und Fortuna, die Glücksgöttin, schenkte ihm die Eingebung, des Seil, das den Eimer am Brunnen hielt, zu verwenden. Es platschte laut, als der Eimer auf dem Grundwasser aufschlug. Morbus nahm nun den Bindfaden, wickelte ihn willkürlich irgendwo an den Drachen, und stolz präsentierte er seine Erfindung Gork. Dieser jedoch war schon wieder damit beschäftigt, sich mit den Rehen um die leckersten Waldhimbeeren zu streiten, da die Stadthimbeeren aufgrund ihrer starken Partikelverrußung nicht so gut schmeckten. Daher überlegte Morbus, erstmal schnell zu ein paar seiner schlauen Freunde zu fahren, denn er wollte jetzt unbedingt gelobt werden. Nach mehreren Stunden des Hin- und Herüberlegens begann er darüber nachzudenken, ob es noch Sinn hätte, weiter zu überlegen, als Gork ihn auch schon wieder fragte, ob sein toller blauer Drache aus grünem Flachs auch Feuer speien konnte. Als Morbus das verneinte, war Gork todtraurig. Da Morbus eine Tränenflut befürchtete, klebte er noch schnell seinen mobilen Flammenwerfer an den Drachen und schon war Gork wieder fröhlich wie ein kleines Kind, das zu Ostern mit Opas Jagdgewehr den Osterhasen erlegt hatte.
Nun aber wollte Morbus zeigen, was so ein toller Drachen alles so kann. Sie marschierten ein Stück durch den Wald zu einer größeren Lichtung, die von einem Bach begrenzt wurde, in den Gork natürlich erstmal hineinfiel. Als sie dann in der Mitte der freien Fläche standen, warf Morbus den Drachen mit aller Kraft Richtung Himmel, und er fiel – wie durch Wunder – wieder zurück auf den Boden. Morbus überlegte, schnell etwas gegen die Schwerkraft zu erfinden, doch er wollte ja nicht wie ein spießiger Lump cheaten. Deshalb nahm er etwas Sekundenkleber, und klebte damit sein ausklappbares Raketentriebwerk dran. Er schaltete den Düsenantrieb ein und schon zischte der Drache gen Himmel. Gork war beeindruckt! Immer mehr Meter vom Seil des Drachens wurden hochgezogen, und noch rechtzeitig dachte Morbus daran, es festhalten. Leider hatte er kaum genug Kraft, das 5000 PS starke Triebwerk damit aufzuhalten, weshalb Gork auch noch einsprang, der das Seil nämlich klugerweise aus leiser Langeweile um seinen Fuß gewickelt hatte. Mit so einem Klotz am Bein hätte selbst eine Raumfähre ihre Probleme. Froh wie Morbus war, musste ihm das Schicksal wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Dabei hatte er nicht mal was bestellt. Ein plötzlich aufbrausender Orkan samt Regen, Blitz, Donner und sogar Wind verlieh dem Drachen einen zusätzlichen Schub, so dass selbst Gorks übermäßiges Übergewicht nicht genügend Widerstand bot. Es dauerte nur wenige Sekunden, und G&M wurden in Windeseile vom Boden enthoben und Richtung Wolkendecke gezogen. Morbus dachte an einen üblen Scherz, während Gork das ganze Frühstück wieder hoch kam und er erstmal seinen neuen MP4-Player auspackte, um sich mithilfe toller Schlumpflieder abzulenken. Irgendwann viel Morbus auf, dass er keinen festen Boden mehr unter den Füßen hatte. Er nahm sein Höhenmessgerät, welches eine kryptische Zahl von etwa 8500 Metern anzeigte, und zwar in römischer Schreibweise, denn es handelte sich um das originale, noch analog arbeitende Höhenmessgerät des sagenumwobenen, aber lernresistenten Ikarus dem Bruchpiloten. Da Ikarus allerdings ein waschechter Grieche war, sollte noch erwähnt sein, dass die Griechen gar keine Höhenmessgeräte herstellen konnten, sondern diese nur als Importprodukt aus dem Römischen Reich erwarben.
Während Morbus noch überlegte, welche Smartphone-App sich am besten zum Bestimmen der Windgeschwindigkeit eignete, spürte er auf einmal eine seltsam göttliche Energie durch seinen Körper strömen, so als ob einem Jupiter persönlich einen Blitz in den Kopf jagen würde. Ob es nun Jupiter war, oder vielleicht doch nur sein rebellischer Kumpane Thor, sei einmal dahingestellt, denn als Morbus auf einmal einen Geruch wie von einer überhitzen XBOX aus Gorks Zimmer, welche sich einmal innerhalb von Sekunden in einen einzigen verkohlten Plastikklumpen verwandelte, bemerkte, schwante ihm Fürchterliches - ein Blick in seine Hände verriet ihm, dass er sich wohl lieber ein blitzsicheres Handy hätte kaufen sollen, denn nun besaß er keins mehr. Aber wie auch immer. Beunruhigend war auch die fiktive Tatsache, dass nun der Drachen wie durch ein Wunder sich in Luft aufgelöst hatte, was natürlich negative Auswirkungen auf die Flugfähigkeit eines solchen Fluggerätes mit sich bringt. Das seltsame Pfeifen um die Ohren vermochte Morbus auch nichts Gutes zu verheißen. Gork dagegen war völlig in seine schlumpfigen Abenteuer vertieft, bis ihm einfiel, dass es gar keine Schlumpfabenteuer als Hörspielkassetten gab, und er daher enttäuscht Pokémon-Lieder anmachte. Man könnte es als Wink des Schicksals, aber auch als Faulheit des Autors betrachten, dass just wenige Höhenkilometer über der als für Menschen aufgrund der chemischen Verseuchung übelst gefährlich eingestuften Ostsee plötzlich ein persischer Teppichhändler mit seinem fliegenden Teppich vorbeigeflogen kam, der gerade dabei war, Uran in den Iran (Komisch, die beiden Worte trennen nur ein Buchstabe!) zu schmuggeln, und zwar in Form gefüllter Himbeerbonbons. Freundlich wie die Perser sind, hielt der Händler kurz an und so landeten G&M weich auf dem mit aus Plüschtierfellen hergestellten Pelzteppich. Morbus bedankte sich und schenkte ihm dafür seine neueste erfinderische Errungenschaft: Einen E-Book-Reader in Papierform. Die beiden verfielen in einen netten Plausch, während sich Gork auf die Suche nach etwas Essbarem machte und dabei die lustigen Waldmeisterbonbons entdeckte. Ehe sich's der Perser versah, hatte Gork alle Bonbons wie ein gieriges Kleinkind, was Gork zweifelsohne ist, verschlungen. Von der etwas widerborstigen Füllung bekam er allerdings Magenschmerzen, aber sowas schreckt Gork nicht ab. Der Teppichhändler war aber durchaus erschrocken wie ein Elefant, dem eine als wandelnder Halloween-Kürbis verkleidete Waldmaus über den Weg läuft. Bevor er seinen innerlichen Wutanfall in die Tat umsetzen konnte, riss er das Lenkrad des fliegenden Teppichs mit derartiger Wucht umher, dass die Lenkstange abbrach und der Teppich anfing sich im wild im Kreise zu drehen. G&M nutzen diese Gunst der Stunde, um sich aus dem Staub zu machen. Im wahrsten Wortessinne, denn eine sachgerechte Entstaubung durch einen professionellen Teppichklopfer war bei diesem fliegenden Teppich durchaus wieder einmal angebracht, aber jeder weiß ja, dass diese Teppiche sich bei sowas immer etwas stur verhalten. Unsere beiden Vollid.. äh, Abenteuerhelden nahmen nun all ihre Furcht zusammen, steckten sie in einen großen Fallschirm und sprangen in die Tiefe - Knarcks! Morbus war erstaunt, wie viel Krach die morschen Knochen bei einem Sprung aus 1,5 Metern Höhe machen können. Als er den linken Fuß hoch hob, fiel ihm auf dass diese Gedankengänge zwar theoretisch richtig sein mochten, aber in der aktuellen Situation keinesfalls erklärend wirkten, da er in Wahrheit nur Gorks MP5-Player zertrampelt hatte. Das wäre kein Unglück, höchstens eine Tragödie, doch da Gork in Anbetracht des völlig zerstörten Musikabspieldingens in einem Heulwahn ausbrach, rannte Morbus mit ihm zum nächstgelegenen McDoof, um ihn für ein paar Sekunden zu beruhigen.
Während Gork mit Messer und Gabel bewaffnet sich auf den nächstbesten Tisch setzte und begann, den alten Kinderklassiker "Wir haben Hunger, Hunger, Hunger!" zu singen und dabei wild umher fuchtelnde Bewegungen zu machen, überlegte Morbus an der Bestelltheke, was 75x3,39 ergibt, doch ihm wollte die Antwort einfach auf Anhieb nicht einfallen. Also bestellte Morbus dann 100 statt 75 BigMacs, und schon war er wieder Klassenprimus im schriftlichen Kopfrechnen.
Nachdem G&M ihr kümmerliches Mahl verzehrt hatten, mussten sie sich überlegen, wie sie wieder heim ins Reich... ähh, nach Hause kommen sollten. Da Morbus' telefoniertauglicher Minicomputer unter mysteriösen Umständen ja den Geist aufgegeben hatte, versuchte er es stattdessen mit einer prähistorischen Landkarte aus der Kaiserzeit. Da, wo auf der Karte eine große Dampflokomotive eingezeichnet war, stand wie als hätte jemand die Zeitmaschine erfunden, auf einmal ein funkelnigelnagelneuer Transrapid mit Wasserstoffantrieb. Würde bei diesem jetzt "Haus von G&M" als Ziel auf der Anzeige stehen, hätte es ich mir wahrscheinlich zu einfach machen wollen. Stattdessen stiegen G&M in das nächste Taxi, wo ihnen der Fahrer mitten auf der Autobahn auf einmal mit blöden Allgemeinwissens-Fragen ankam, so dass G&M sich entschieden, einfach auszusteigen, was natürlich leichter getan als geschrieben ist, oder so. Aber Morbus holte einfach seinen mobilen Zebrastreifen aus dem Umhang und pfefferte ihn auf die Straße, so dass sie gefahrlos über die 12-spurige Betonfläche hinübergehen konnten, wenn auch sich das Ganze etwas verzögerte, da Gork sich erst bei einem per Notbremsung gegen die Leitplanke zum Stillstand gebrachten Eisauto ein paar Kugeln Erdbeereis mit Himbeersoße und Sahne besorgen musste.
Auf der anderen Seite der Welt, bzw. Autobahn, angekommen, stiegen G&M in den altbekannten Phaeton und bretterten die letzten lächerlichen 245 Kilometer zurück nach Hause, wo der Wind durch alle Fugen fegte, denn so eine völlig zerstörte Hauswand ist dann doch weniger wünschenswert als man es sich im Allgemeinen auszumalen vermöge. Immerhin konnten G&M froh sein, dass diesmal der größere Teil des Hauses stehen blieb - so eine Wand ist ja schnell wieder zusammengezimmert. Danach gab es auch endlich Abendbrot (Spagetti mit Tomatensoße!), und dann ging's auch superendlich ins Bett. Damit war wieder mal ein erfolgloser aber dafür sinnfreier Abenteuertag im Leben von G&M beendet!


Autor: Paul
Jahr: 2012


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