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Die Abenteuer von Gork & Morbus
Routinemäßig

Wie jeder Tag im Leben unserer Komparsen Gork und Morbus, so begann auch dieser Tag fast ganz normal. Und eigentlich war dies an sich ja auch nichts Besonderes, denn die Macht der Gewohnheit hatte sich schon vor allzu langer Zeit in die hohlen Köpfe der beiden schlafen gelegt und entraubte sie jeglichen Willens zur Veränderung aller sich einmal abgespielten Vorgänge.
Aber genug gefaselt, der Tag begann wie gesagt ganz normal, das heißt dass es morgens um 10 nach 8 Frühstück gab, Brötchen mit Marmelade und Nutella sowie ein paar Tassen Kakao. Manchmal gab es auch Cornflakes, aber nur, wenn die Gewohnheit sich mal verflüchtigte, was aber nie geschah, also gab es auch nie Cornflakes. Na, jedenfalls aßen sie gemütlich ihr Frühstück und Morbus latschte noch zum Briefkasten um die Zeitung zu holen. Mit Erschrecken stellte er fest, dass Sonntag war und daher keine Zeitung im Kasten lag. Er wütete eine Weile, zerdepperte den Briefkasten, verklagte den Zeitungsverlag, kaufte einen neuen Postbehälter und ging wieder ins Haus – So wie jeden Sonntag eben. Während Gork erst sein fünfundvierzigstes Brötchen in sich hinein stopfte und schon wieder 2 Gläser Nutella leer waren, kippte Morbus die Milch ohne es zu merken auf den Tisch, wo sie sich in der nach vielen Jahren entstandenen Rille sammelte und abfloss, und zwar genau dahin, wo der Fernseher stand, welcher pünktlich nach dem ersten Einschalten um 11 Uhr, also dann wenn die Schlümpfe kommen, explodierte. Aber da Morbus ja auf so was vorbereitet ist, hat er auch immer gleich einen Ersatzfernseher parat.
Nun denn, irgendwann im Laufe des Tages jedenfalls wurde Gork bewusst, dass es sich bei dem Datum dieses Tages um den 31., genauer gesagt um den 31.12. handelte, also dem letzten Tag des Monats Dezember, was folglich auch der letzte Tag des Jahres ist. Gork freute sich schon: Wie jedes Jahr am 31. würden auch dieses Jahr keine Raketen gen Himmel geschossen werden. Welch ein Anblick! Sofern sich nicht die Sterne verschoben, sah man immer das selbe Himmelsbild. Im Gegensatz zu anderen Orten, wo vor lauter Böllerei riesige Rauchschwaden die Luft füllen und man sich vorkommt wie auf einem brennenden Ölteppich. Aber wer ist auch so blöd, und strickt seine orientalischen Teppiche aus Öl! Eine Ausnahme bildet natürlich der so genannte Fliegende Teppich, der ja mit irgendwas seinen Motor betreiben muss. Das erinnert mich jetzt wieder an eine lustige G&M-Geschichte, die Sie nicht kennen, da ich sie mir erst noch ausdenken muss.
Na ja, wenn man klug ist und rechnen kann, wird einem auffallen, dass der 31.12. genau 7 Tage nach dem 24.12. liegt. Und das jedes Jahr! Ich denke, dass Morbus noch eines Tages den Nobelpreis für diese Erkenntnis erhalten wird. Jedenfalls hatten G&M wie immer vergessen, dem Weihnachtsbaum auch zu gießen, weshalb er pünktlich zum 31. seine Nadeln verlor und G&M ihn nicht mehr sehen konnten. Da keiner von beiden in all den Jahren seine Einstellung zum Umweltschutz geändert hatte, wurde auch dieses Jahr das Gestrüpp samt Lametta und Christbaumkugeln und –Stollen entsorgt. Das darf man jetzt nicht falsch verstehen, denn eigentlich bräuchten G&M gar keinen Weihnachtsbaum, denn in seinem alljährlichen Unvermögen, zu lernen wie man einen Weihnachtsbaum klug schmückt, kaufte Morbus jeden Dezember so viel Lametta wie der Laden hergab. Der fertige Baum sieht dann meistens aus wie ein in Goldfolie eingekleideter Kegel. Das mit dem Christstollen ist aber andere Geschichte und hat einfach nur noch Tradition. Früher hatte Morbus eine total häss... ähh, hübsche alte Weihnachtsbaumspitze aus Glas verziert mit Edelsteinen. Die war ein Familienerbstück und Morbus war total stolz auf sie. Voller Unvorsicht steckte er sie jedes Jahr auf den Weihnachtsbaum. Eines Heiligabends aber, als Morbus gerade mit dem Jauchewagen die Jauchenkuhle auspumpte, setzte Gork sich seine neue Taucherbrille auf und konnte demzufolge nichts mehr sehen, rannte gegen den Weihnachtsbaum, dieser viel um die schöne Spitze zerbrach in log(4) Stücke. Gork war total verzweifelt, denn er dachte, Morbus würde ihn nun umbringen wollen. Womit er auch Recht hatte. Doch klug wie Gork war, stopfte er einfach den Stollen, der auf dem Küchentisch lag, auf die Spitze des Baumes und stellte ihn wieder hin. Seitdem ziert immer ein Stollen die Baumspitze. Zum Glück hat Morbus den Unterschied bis heute nicht gemerkt.
Wie erwähnt also stopften sie den Baum traditionsgemäß in die Mülltonne. Man könnte mokieren, warum sie nicht wenigstens die Biotonne nutzten. Doch damals, als sie auf die Idee mit dem Gelben Sack kamen, gab es noch gar keine Papiertonnen. Apropos Glastonne. Als durch die Ökologie-Fuzzis der Schröder-Ära ein Großteil der bis dahin ein angenehmes Leben fördernden, jedoch die Vernichtung sämtlichen Lebens auf der Erde forcierenden Gewohnheiten und Alltagsprozessen der Kampf angesagt wurde, um dieses Verhältnis umzudrehen, erhielten G&M auch eine Glastonne. Da zeigt sich wieder die Widersprüchlichkeit der Politik. Um ihre fragwürdigen Ziele durchzusetzen, ziehen Politiker meistens Geschwindigkeit der Kompetenz vor, weshalb solche unsinnigen Dinge wie Glastonnen entstehen. Der Name würde ja nun vermuten lassen, dass dies eine Tonne aus Glas sei. Bei einer Biotonne ist das ja schließlich auch so: Das Plastik, aus dem sie gebaut wird, gewinnt man aus Öl, was wiederum früher mal aus Bäumen und solchem Zeugs entstanden ist, also ein rein biologisches Erzeugnis. Aber nein. Eine Glastonne ist ausgerechnet dafür da, dort Glas rein zuwerfen. Morbus’ Klage vor dem Verfassungsgericht ist leider noch unbeantwortet, da sich die Richter erst in die historische Entwicklung von Abfallbehältern reinstudieren müssen.
In ihrem ganzen Leben jedenfalls haben G&M die Glastonne jedenfalls noch nicht benutzt. Und das, obwohl Morbus seine Cola noch immer in Glasflaschen kauft, so wie vor 30 Jahren. Die zusätzlichen Liter Sprit, die das jedes Mal kostet, nimmt er gern in Kauf, denn er fährt ja eh noch einen alten Spritfresser, so dass das nicht ins Gewicht fällt.
Nun aber näherte sich der Tag langsam dem Mittag. Draußen, wo Schnee lag, marschierten G&M gerade durch den Wald zum nahe gelegenen Teich. Der war wieder mal völlig zugefroren. Gork stampfte ohne nachzudenken auf das Eis und schon brach es unter seiner Last zusammen. Aber da Morbus das schon kannte, hatte er schon vorher klugerweise eine ausklappbare, stark beheizte Gummizelle aufgestellt. Mit dem Kescher fischte er Gork aus dem Wasser und sperrte ihn in die Zelle, wo er keinen Unfug mehr machen konnte. Morbus warf die Angel in das Loch, das nun im Eis war, und wartete. Schon nach kurzer Zeit war das Wasser wieder gefroren. Aber das war ja nix Neues, weshalb Morbus einfach mit dem Schweißbrenner ein neues Loch in das Eis sägte, dann mit seiner mobilen Wasserpumpe den Teich leerte, sich dann den schönsten Karpfen aussuchte und dann wieder das Wasser zurück leitete. Danach ging es wieder nach Hause. Dort angekommen, warf Morbus den Fisch in die Pfanne und schon bald roch es im gesamten aus nach gebratenem, frischen sumpfigen Schlamm. Bei so einem Festmahl braucht es wahrlich keine Raketen, um die bösen Geister des scheidenden Jahres zu vertreiben. Wie jedes Silvester fragte sich Morbus, was für Geister das eigentlich sein sollten, und dachte dabei an seinen verstorbenen Großonkel mit dem Kaiser-Wilhelm-Bart, der immer mit bösem Blick gesagt hatte, Morbus solle nicht so viele Fragen stellen und schon gar nicht so viel nachdenken.
Zu dem leckeren Sumpfbraten gab es dann wie üblich nur Semmelbrösel mit Kartoffelsalat, da Gork es sich nie verkneifen kann, die gepökelten Kandieräpfel bis zum Silvester-Mittag in Ruhe zu lassen. Nun ja, der Nachmittag verlief genauso unspannend. Während Gork versuchte einen Schneemann zu bauen, wobei er wie schon als kleines Kind daran scheiterte, die einzelnen Schneemannskugeln mit heißem Wasser miteinander zu verkleben, war Morbus dabei, neue Raketenantriebsarten zu entwickeln, die Silvester zu einem ruhigen Spektakel machen sollten. Wie immer ohne Erfolg, obwohl die Idee mit der Filmrolle und der Brausetablette schon ein ziemlich großer Fortschritt war. Am Abend dann zeigte sich, dass G&M doch bereit waren, Veränderungen hinzunehmen. Die allsilvesterabendliche Musikveranstaltung, deren Namen ich leider nicht nennen darf, da ich sonst das Risiko eingehe an einem Lachanfall zu sterben, wenn ich daran denken muss, mit berühmten Schlagersängern war das einzige Programm an Silvester, das am beschissensten war. Doch da traditionsgemäß der Fernseher immer nur auf dem selben Sender stand und die Fernbedienung schon wie zu Uromas Zeiten wie vom Erdboden verschluckt war, konnte man nichts machen. Die Sendung jedenfalls wurde früher von einem alten, senilen Moderator reportagiert, der irgendwann in Rente musste, da man sich im Sender dachte, die jungen Leute gucken den Blödsinn nicht, weil sie keine alten Nachrichtensprecher mögen. Deshalb holten sie den völlig abgedrehten, ständig unter Drogen und sogar Suchtmitteln stehenden Florian Goldzink ins Programm, den G&M noch weniger leiden können, da man nach wenigen Minuten Anhören seines total überdrehten Gelabers mit dauernden absolut willkürlichen starken Stimmhöhenschwankungen vollständig zugedröhnt vom Sofa fällt. Klugerweise hatte Morbus deshalb schon nach dem ersten Mal Decke und Kissen auf dem Boden verteilt, um wenigstens weich zu fallen. Da lagen sie jetzt schon seit ein paar Jahren.
Kurz vor 0 Uhr stieg dann die Spannung. Man fragte sich wie jedes Jahr, ob man auch diesmal ohne Probleme ins neue Jahr schreiten würde, oder ob man vorher vor lauter Aufregung an einem Herzanfall aus dem Leben schied. Morbus kramte die Flasche Kindersekt hervor und kippte jedem ein Glas voll ein. Da Gork nicht warten konnte, trank er seins sofort aus, so dass Morbus wieder neuen Sekt einfüllen musste. Das ging wieder mal solange, bis die Flasche leer war, und dummerweise hatte Morbus wie immer keine zweite Flasche gekauft, so dass er Gork erst sein eigenes Glas geben musste und sie dann zum Anstoßen Cola tranken. Der Countdown ging voll ab. 10..9..8.. Eine ungeheuerliche Spannung baute sich auf, man fragte sich immer, welche Zahl als Nächstes kommen würde. 3..2..1.. KLIRRR! Machte es, denn wie üblich donnerte Gork sein Glas vor gespielter Freude mit solcher Wucht gegen Morbus’, dass beide Gläser zersplitterten und die ganze Cola auf die Fliesen klatschte. Glücklicherweise hatte Morbus den Wischmopp vorher schon bereit gestellt. Danach schauten sich beide das supertolle Feuerwerk vom Brandenburger Tor an. Morbus liebte das farbige Aufleuchten am Himmel und das Donnern und Sausen der Feuerwerkskörper. Das erinnerte ihn auch wieder an seinen Uropa Alfred Krupp, denn der hatte ihm zum Geburtstag immer die tollsten Kanonen geschenkt. Gork derweil schlich sich in sein Zimmer und holte heimlich eine Silvesterrakete hervor, die er am Tag vorher im Supermarkt einem kleinen Jungen aus der Einkaufstüte geklaut hatte. Er zündete die Rakete an, sie flog gegen die Decke und explodierte dort in den schönsten Farben.
Nach einer Weile wunderte sich Morbus, wo Gork steckte. Er schaute Richtung Treppe, wo Gork plötzlich schreiend hinunter gerannt kam, gefolgt von einer riesigen Feuerwalze, die die hölzerne Treppe sofort in Asche verwandelte. Doch da dies alles nix Neues war, rief Morbus die Feuerwehr, die daraufhin routinegemäß anrückte und das Feuer löschte. Die nächsten Tage würden G&M wieder damit verbringen, die Treppe und das gesamte Obergeschoss des Hauses wieder in Schuss zu bringen. Aber vorher schrieb Morbus noch schnell auf einen Zettel seine guten Vorsätze fürs neue Jahr. Es war natürlich nur einer, und er lautete wie jedes Jahr: „Es muss sich was ändern!“.

Paul Schuchardt
2007 / 2009


Autor: Paul
Jahr: 2009


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